Ein „weiter so“ wird es nicht geben – Politik und Branche diskutieren die Zukunft von Kino und Film
Mittwoch, 22. September 2021
Auf dem traditionellen politischen Panel der Filmkunstmesse am Dienstag nachmittag vor vollem Haus in der Alten Handelsbörse Leipzig wurden die Vorstellungen von Politik und Branche ausgelotet, wie es nach der Corona-Krise mit dem Kino und der Filmförderung in Deutschland weitergehen soll. Es diskutierten Jan-Ole Püschel als Vertreter der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Svenja Böttger, Geschäftsführerin des Max Ophüls Preises, Produzentin Bettina Brokemper (Heimatfilm), der Verleiher Torsten Frehse (Neue Visionen Filmverleih) und der Kinobetreiber (Yorck – Kinogruppe) und Vorsitzende der AG Kino – Gilde Christian Bräuer. Moderiert wurde das Panel vom Filmjournalisten Patrick von Sychowski, Celluloid Junkie.
Einig war man sich auf dem Panel, über die wirtschaftliche Bedeutung des Kinos für die Filmauswertung. Jan-Ole Püschel konnte in Aussicht stellen, dass das Zukunftsprogramm Kino auch in den nächsten Jahren im Haushalt der BKM verankert sein wird. Björn Böhning hielt es für notwendig, dass von privater und öffentlicher Hand mehr für die Kinos als Kulturräume getan wird, schon allein um jüngere Zuschauer zu begeistern. Hier bedürfe es mehr als die wichtigen Kinoprogrammpreise.
Kontrovers diskutiert wurde die Frage, wie der deutsche Kinofilm erfolgreicher wird und wie dieser Erfolg zu messen sei. Christian Bräuer hält dafür eine Filmförderung "aus einem Guss" für notwendig, die wegkommt von der Produktionszentrierung und einen ganzheitlicheren Ansatz verfolgt. "Immer nur noch mehr Filme zu produzieren, wird auf Dauer keinen Erfolg bringe". Bettina Brokemper sieht als Produzentin eher die Förderregularien als Hemmschuh, die die gesamte Produktion von der Idee bis zur Realisierung so langsam mache, dass Stoffe nach ihrer Realisierung oft gar nicht mehr akutell seien.
Für Verleiher Torsten Frehse ist die stark geschrumpfte Filmberichterstattung in den Medien ein großes Problem für die Wahrnehmung. So würden nur wenige Titel überhaupt durchdringen und die meisten Filme auf der Strecke bleiben.
Im Kern geht es jetzt darum, die Filmförderung im Zusammenspiel von Produktion, Vertrieb, Festivals und Kino so zu strukturieren, dass sowohl die Filme als auch der Kulturort Kino als eine echte Alternative zum heimischen Streaming gestärkt wird. Dafür braucht es Geld, aber auch gute Ideen, wie Kino-Abomodelle und eine stetige Arbeit am und mit den Zuschauern.
Bereits am Vormittag forderte Dieter Kosslick in seiner Keynote beim Panel Kino:Natürlich! Klimaschutz beginnt im Kopf!, dass die Politik nun Richtungsentscheidungen treffen müsse. Der ehemalige Berlinale Chef sprach in der anschließenden Diskussion mit Birgit Heidsiek, der FFA-Beauftragten für Grünes Kino, Alexandra von Winning, Beraterin des Preises für Nachhaltiges Kino Hessen sowie den beiden Kinobetreibern Matthias Damm (Casablanca Nürnberg) und Michael Thomas (Cineplex Bayreuth) über die Rolle und die Chancen von Kinos, Klima- und Umweltschutz nicht nur innerhalb der Branche, sondern auch gesamtgesellschaftlich zu stärken. Dass auch hier die Unterstützung von Seiten der Politik nötig ist, wurde in der Diskussion von allen TeilnehmerInnen betont.